Wenn Künstler traurig sind ...
Am
19. November 2011 ist ein Freund des Kunstladen 101 verstorben.
In seiner Begleitung unserer Kunstaktivitäten ist er
uns noch stärker ans Herz gewachsen.
In Gedanken sind wir bei seiner Frau und seiner Tochter.
.
Am
10. November 2010 verstarb der Hamburger Maler Klaus Kröger.
Für einen ungewöhnlichen Hamburger Künstler,
hab ich die wunderbarste Pflanze der Kunst,, die Amaryllis
Formosissima (1908) vom Hamburger Maler Philipp Otto
Runge noch einmal, wie schon 1997, auf die ehemalige
braungoldene und mürbene Seiden-Wandbespannung
der Hamburger Kunsthalle aufkopiert. Nun bleibt mir
nur, ihm auf meine Weise Respekt zu zollen und diese
mürb-edle Kopfpflanze an seinem Grab niederzulegen.
-----
Ihm verdanke ich die freudige Wahrnehmung,
Ernst Cassirers Denken aktuell weitergedacht
gehört zu haben.
.
-----
Am
04.Februar 2009 verstarb Michel Hauptmann.
Ich
bin traurig und zugleich denke ich, er hat's geschafft.
Er hat sich vom beschwerlichen Teil seines Lebens frei
gemacht. Der gute Teil ist nicht zu halten und nistet
sich eine Zeit lang im Reich der Erinnerung ein. Er
hat seinen Weg durchs Nadelör gefunden, durch das
wir, die jetzt an ihn denken, alle noch durch müssen.
Wer will es wissen, ob es uns gegeben sein wird, durchs
Nadelör leicht zu flutschen, oder ob uns auf diesem
Weg noch einmal die Gräten gebrochen werden. Sicher
ist, daß ich jetzt öfter wieder von Dodo
und Michel in einem Zug spreche, wenn ich mich
mancher Momente mit Ihnen erinnere.
Dodo, die im Mai 2006 starb und Michel.
Als Dodo starb, beeindruckte mich Michel noch einmal,
indem er keine Traueranzeige ins Hamburger Abendblatt
einsetzen ließ. Erst ein Jahr später, als
sich ihr Todestag das erste Mal jährte, fand sich
die oben abgebildete Traueranzeige im Abendblatt.
Ja, so sollte man es machen - schlicht und
hanseatisch.
Wer
geliebt hat, der spricht vom Tag der Geburt, vom Tag
des Todes
und bindet die Namen aneinander.
Micheal Hauptmann lernte ich um das Jahr 1984 bei Rolf
Zander in der Erikastraße kennen.
Michael Hauptmann zwiebelte mich mit Drehwurm-Fragen
wie z.B. Wieso eigentlich machst Du Kunst? Kennst Du
den, kennst Du jenen? Haben die doch alle schon besser
gemacht. Zunächst argumentierte ich noch heftig
für meinen Standpunkt, daß das Alte im Neuen
sich zugleich in neuartigem Licht zeigt. Das allein
würde mich schon berechtigen, meine Kunst zu machen.
Alles bisher Gut-Gemachte muß von der zeitgenössischen
Kunst durch Vereinnahmung auf seine Festigkeit geprüft
werden, nur so könne man sich von Schlacken befreien.
Nur so könne die scheinbar festgestellte Kunst
und die aktuelle Kunst lebendig gehalten werden. Die
alte Kunst braucht zum Überleben die junge Kunst
... so argumentierte ich damals leidenschaftlich.
Bis ich bemerkte, daß seine Drehwurm-Fragen in
seinem geraunzten Ton in regelmäßigen Intervallen
meine Verteidigungsrede für eine sich in der Zeit
potent wandelnden Kunst von ihm rein mechanisch unterbrochen
wurden und nur dazu dienten mich auflaufen zu lassen.
Egal, was ich sagte, die Litanei begann jedesmal von
neuem. Ist Dir nichts anderes eingefallen als Kunst.
Wovon willst Du denn in der Zukunft leben? Was machst
Du denn sonst noch?
An
einem Tag, an dem ich Rolf Zander unbedingt meine neuesten
Arbeiten zeigen wollte, stießen wir wieder aufeinander
und er hatte wohl den Eindruck, daß dieses Treffen
geplant war, schließlich ist er ja Galerist und
als solcher... An diesem Tag nahm er mich besonders
hart ran und ließ von seinen Drehwurm-Fragen nun
gar nicht mehr ab. Als er durchblicken ließ, daß
ich ihm wohl in seiner Funktion als Galerist einige
Arbeiten zeigen wollte, platzte mir der Kragen, ich
stand auf, nahm eine meiner Zeichnungen und schrie ihm
entgegen "Wissen Sie, was ich mit meinen Arbeiten
mache" "Wissen Sie was ich mit meinen Arbeiten
mache", dann zeriss ich die Arbeit, schmiss sie
mit jugendlicher Verve auf den Boden "Das
mache ich mit meinen Arbeiten".
Hauchdünn aber nur sehr kurz beeindruckt setzte
er gelangweilt nach; "Das macht Jansen jeden Tag
zweimal und ?" Er hatte mich voll auflaufen lassen.
Nicht einmal den Sieg der Jugendlichkeit
gönnte er mir. Wütend zog ich ab.
Jahre später, nachdem ich sein Auge für Zeichnungen
schätzen lernte,
sagte er beiläufig, er wolle mal mein Atelier sehen.
Und so kam es 1988 in Sachen Kunst, zu der mit Fotos
dokumentierten Begegnung
in meinem damaligen Atelier im Friesenweg 4, in Bahrenfeld.
Zu jener Zeit hatte ich kein Geld für einen Fotoapparat
und so gibt es nur wenige Fotos von meiner ersten Arbeitswiese
nach dem Studium. So verdanke ich Dodo und Michel Hauptmann
jene Fotos meines ersten richtigen Ateliers, die sie
bei ihrem ersten Besuch zwischendurch abwechselnd machten.
Wieder viel später, bekam ich die Abzüge von
ihnen geschenkt, die hier nun als eine Hommage an die
beiden Hamburger Galeristen Hauptmann weitergegeben
werden:
Im
Dezember 1988 hatte ich meine erste Einzelausstellung in
der Galerie Hauptman, in den Collonaden 96.
1996
zog die Galerie Hauptmann in das Galerienhaus am Klosterwall.
Das Hauptmannsche Sofa fand auf der Empore, in den so uncollonadigen
neuen Räumlichkeiten ,
als Reminiszenz an die gute alte Collonaden-Zeit,
seinen Platz.
Was ich sonst so gut wie nie tat, die sogenannte reale Welt
zu zeichnen, ist mir
1996 im Klosterwall einmal unterlaufen. Weil diese kleine
Zeichnung für mich eher
untypisch ist, habe ich sie nie gezeigt. Michels Hand im
Bild zu entdecken hat gut getan.
Größe: 15,2 x 13,5 cm, 1996
Susann Stuckert
Michel
und Dodo, denen ich ein gutes Stück Menschenwärme
auf dieser Welt verdanke.
Susann Stuckert März 2009
|