- Alles was wir geben wollten
war Kunst -
Als Susann Stuckert ihr Künstlerprojekt, Kunstladen 101 im
September 2004 eröffnete, stellte sie sich zunächst
mit ihren eigenen Arbeiten vor. Nun verabschiedet sie sich wieder
mit eigenen Arbeiten, Zeichnungen und Malerei aus der Köpenicker
Zeit 1990/1991(aus dem Projekt: 20 Jahre Maueröffnung, daß
sie im November 2009 in der Stadtkirche St.Katharinen zeigte.
Im Laufe dieser Ausstellung wird sie die im Kunstladen 101 ausgestellten
Künstler noch einmal Revue passieren zu lassen.
Bis zum 16.Januar 2010 haben Sie noch Gelegenheit zu sehen, was
verschwinden wird.
PRESSEMITTEILUNG:
Mit der Gründung der Produzentengalerie
Kunstladen 101 vor 5 Jahren haben wir einen Testballon gestartet.
Mit ihm wollten wir die zunächst recht positiv klingenden
Verlautbarungen zur Bedeutung des künstlerischen Potentials
für die sich verändernde Stadt auf ihren Gehalt prüfen.
Wie ernst ist es der Stadt Hamburg mit der Bildenden Kunst? Nun
ist es an der Zeit zu feiern und Bilanz zu ziehen: von dem Mut
und dem Engagement der Künstlerin Susann Stuckert in nicht
nur ideelle, sondern auch in finanzielle Vorleistung in Sachen
Kunst gegangen zu sein, hat die Kreativwerkstadt Hamburg in den
ganzen 5 Jahren keine Notiz genommen. Der Ballon flog in immer
bedenklichere Höhen, in der die Luft ziemlich dünn wurde.
Fazit unseres Selbstversuchs:
Anders als die Bildenden Künstler hat die Stadt ihr Versprechen,
der Kunst Gewicht zu geben, nicht eingelöst. Die Flugwerkzeuge
geraten aus dem Blick. Unser Vertrauen darauf, daß die Künstler
als Gesprächspartner in Sachen Kultur in Zukunft ernster
genommen werden, ist durch die öffentlichen Äußerungen
zu den Gängeviertel-Künstlern endgültig aufgebraucht.
Der bisherige Höhepunkt dieser Inhaltskrise, die zu einem
immer stärker abflachenden Kulturverständnis führt,
haben wir in einem taz- Interview vom 23.09 zur Kenntnis nehmen
müssen. Darin begründet der Bezirksamtsleiter Mitte
seine Sympathien für die protestierenden Künstler damit,
daß er sie für die „rechtstreuesten Hausbesetzer“
hält, die er je getroffen habe. Man könne sich bei ihnen
darauf verlassen, wenn man ihnen am ersten Tag der Besetzung gesagt
hätte: „ Leute, ihr müsst hier raus, aber
vorher bitte noch fegen, dann hätten die das gemacht.“
Wer möchte so gelobt werden? Bedenklicher noch, als diese
Äußerung, ist aber die in Hamburg ausbliebene Empörung
über den Umgang mit den Künstlern. Das jahrelange Kreativitätsgedudele
hat sein Endpunkt im Besen gefunden, den der Künstler nun
sogar richtig zu benutzen weiß.
Groß: die intimen Zusammenkünfte entwertend –
Laut: die leisen Töne erschlagend – Grell: die feinen
Schattierungen ausblendend - folgt Hamburg unbeirrt seinen Marketingexperten
und designed weiter am seelenlosen Scherenschnitt. In den 70ern
hat diese Puppenhaus-Idelogie u.a. zu den Betonsärgen der
Großen Bergstraße und Steilshoop geführt. Auch
damals glaubte man, die Stadt und das Leben in ihr auf dem Reißbrett
planen zu können. Die Menschen würden dann schon das
nötige menschliche Ambiente erzeugen. Wir wissen, was daraus
geworden ist. Wir dachten viel zu lang, die Verantwortlichen in
der Stadt hätten aus den selbstzugefügten Wunden gelernt.
Viel zu lang haben wir das Um-die-Kunst-Herumschlawenzeln als
echtes Verständnis unseres Anliegens, geistiges Futter in
den Karton zu füllen, mißverstanden. Die Worte waren
verführerisch, allein die Taten sprechen eine andere Sprache.
Der Kunstladen 101 zieht die Konsequenzen. Wir ziehen
die Reißleine!
Bekanntlich zieht man sie, um sich in einen besseren Zustand zu
versetzen. Wir sind nachdenklich, aber wir wissen auch, daß
wir Grund zum Feiern haben. Die Künstler, die bei uns ausstellten
und die vielen Hamburger Bürger, die sich noch ein vielgestaltigeres
Menschenbild bewahrt haben, ohne die es uns keine 5 Jahre hätte
geben können, die feiern wir.
Mit der Eröffnung am Freitag, dem 27.November um 19 Uhr beginnend,
zeigt die Hamburger Künstlerin Susann Stuckert weitere Arbeiten
aus dem Werkkomplex 20 Jahre Maueröffnung 1989, die sie mit
der Ausstellung in der Hauptkirche St.Katharinen in diesem Jahr
neu aufgegriffen hat. Zeichnungen und Malerei aus der Köpenicker
Zeit 1990/1991 werden zu sehen sein.
Mit dem Objekt „Siechkobel“ hat sich Susann Stuckert
2006 eine Flug-Zeitmaschine gebaut. 2006 auf Heliumflaschen aufgebockt,
setzt ihr Fluggerät, jetzt auf DDR-Briketts lagernd, am 27.November
zur Landung an. Auf diesem Objekt wird Susann Stuckert während
der Ausstellung Platz nehmen und die Veränderungen der Ausstellung
bis zum 16. Januar, die eine Erinnerung an die vielen Ausstellungen
der letzten 5 Jahre sein und die ausgestellten Künstler Revue
passieren lassen wird, schreibend begleiten.
Der Kunstladen 101 hört auf zu existieren, wie vor uns schon
viele Hamburger Kunsträume.
Wir laden alle ein, mit uns vom Kunstladen 101 Abschied zu nehmen;
und sich mit
uns an unserer neugewonnen Freiheit zu freuen, weil wir unseren
Blick von einer refomierunwilligen Kulturpolitik abwenden können.
Die Presseerklärung kann hier als PDF
abgerufen werden
Eröffnung: Fr. den 27. Nov , 19 Uhr
Der „Siechkobel“ hat den Hamburger Sammler Rainer
Hagen zu Gedanken angeregt,
die er am Eröffnungsabend vortragen wird.
Dauer der Ausstellung: 28.November - 16.Januar 2010
Öffnungszeiten: Mi. 18-20h, Do. + Fr. 17 – 19h, Sa.
14 -17 h
Am 2., 3. und 4. Advent haben wir zusätzlich von
14-17 Uhr geöffnet.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch
Susann und Ernst-W. Stuckert