Text-Archiv Kunstladen101
Klaus Kröger, 1920 am 25. Dezember in Berlin geboren;1945 Umzug nach Hamburg; 1949-52 Studium am Baukreis Hamburg, u.a. bei Arnold Fiedler; 1963 erste Einzelausstellung; 1964 Teilnehmer der documenta III,Kassel; 1981 Arbeitsstipendium der Freien und Hansestadt Hamburg; 1982 Edwin-Scharff-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg; 1986 Ehrengast der Villa Massimo, Rom; 1989 Arbeitsstipendium des Kunstfonds e.V. Bonn; lebt und arbeitet in Hamburg; seit 1992 Atelier im Künstlerhaus Sootbörn

 

Rede von Susann Stuckert
anlässlich der Eröffnung der Ausstellung:
Klaus Kröger „kleinere Formate“
Am 05.04.2005 im Kunstladen101

Meine Damen und Herren,
Ich freue mich sie heute hier ,im Kunstladen101, zur Ausstellungseröffnung der Arbeiten Klaus Krögers begrüßen zu dürfen.
Ganz herzlich begrüße ich Klaus Kröger, über dessen persönliche Anwesendheit ich mich besonders freue und seiner Frau Erika. Der Kunstladen101 ist im September vorigen Jahres eröffnet wurden. Schon damals hatte ich Klaus gegenüber zaghaft die verrückte Vorstellung geäußert, seine Bilder in meinen Räumen zeigen zu wollen. Was natürlich abwegig war. Klaus Kröger, der 1964 an der documenta 3 teilnahm und dann dieser NoName-Ausstellungsraum, dass schien doch voneinander weit entfernt. In der Kunstszene gehört sich so etwas nicht.
Daß diese Ausstellung nun doch zustande kam, verdanke ich wohl der freundschaftlichen Sympathie, die wir füreinander seit 20 Jahren hegen und darüber hinaus ausschlaggebend war wohl, dass sich ein Klaus Kröger von niemandem,
auch von der Kunstszene nicht sagen lässt was opportun sei.
1982, als ich gerade mein Studium an der Hochschule für Bildende Künste am Lerchenfeld begann, sah ich in einer Ausstellung ,„Dorn im Auge“ nannte sie sich , war von Hamburger Künstlern in einer leerstehenden Fabrik in Barmbek initiiert,
das erste mal Arbeiten von Klaus Kröger. Er war einer der älteren Künstler, radikal wie die Jungen.
In Künstlerkreisen nannte man ihn Teer-Kröger, schnappte ich damals auf.
Aber beeindruckt hat mich eigentlich nicht die Radikalität des Verneinens.
Das kannte ich von Arbeiten Lucio Fontanas . Das Durchstoßen der Bildfläche z.B. Was bei mir einen nachhaltigen Eindruck hinterließ, war die eigentümliche Kopplung die zwischen der Aussage „ Kein Bild mehr- Nein“ und den Mitteln mit denen dieser damals 62 Jahre alte Künstler dieses Nein ausdrückte.
Es waren hoch malerische Mittel.
Da war also ein Maler am Werk , der malend behauptet, daß er ein Bild, ein gutes Bild, überhaupt nicht mehr bezweckt. Ich war irritiert.
Zu jener Zeit war für mich das Buch “Das Unbekannte in der Kunst“, dass der Stuttgarter Maler Willi Baumeister 1947 veröffentlicht hatte und dass für viele, nicht nur deutsche Künstler, nach dem 2.Weltkrieg bedeutsam wurde, dieses Buch war damals gewissermaßen meine Bibel. Daran schulte ich mein Sehen und hinterfragte meine Haltung als Künstler. Der zu Schrott gehauenen Welt sollte durch das Suchen nach dem Absoluten in der Malerei wieder Tiefe verliehen werden. Da war ein moralisches Wollen. Es gab ein Ziel. Das gute Bild.
Zweckfreie Malerei, na klar, dass ist uns allen geläufig. Das ist die Geschichte der modernen Malerei. So wie sie im Buch von Willi Baumeister auch beschrieben wird.
Begonnen vielleicht mit dem Romantiker Delacroix, hin zu den Impressionisten, zu guter letzt Cézanne. Aber ein Cézanne hat um das eine Bild gerungen, dass er glaubte immer wieder verfehlt zu haben. Er setzte sich immer wieder vor seine Leinwand und kämpfte um dieses eine Bild. Und hier war Klaus Kröger, der nun auchdieses hehre edle Wollen über Bord schmiss. Kein Ort mehr. Keine Heimat mehr. Kein Rückzugsort auch nicht in der Malerei mehr. Ich betone das Wort Maler ausdrücklich, denn hier wurde auf sehr hohem Niveau gemalt.
Diese Mischung konnte eine junge angehende Malerin schon irritieren.
Dieser Widerspruch war damals für mich anspruchsvoll, heute von ihm durchgehalten macht er die Qualität seiner Arbeit aus. Er will die Malerei noch einmal an ihre Grenze bringen. In dem er seine malerischen Mittel aufs stärkste beschränkt, keinen Genuß beim Malen sich hingebend, entstehen Bilder, denen wir staunend gegenüberstehen.

An zwei weitere Maler will ich erinnern, zu denen ich Klaus Kröger in Beziehung setzen möchte, die ich mit ihm zu den wichtigsten Malern Hamburgs im 20.Jahrhundert zähle. Da ist der 24 Jahre ältere Maler Fritz Flinte zu nennen, dessen späte Selbstportraits eine nahe Verwandtschaft zu Klaus Krögers „Kerlen“ besitzen. So wie viele Bilder oft von Kröger betitelt werden.Und den 6 Jahre jüngeren Hamburger Maler Reinhard Drenkhahn will ich nennen, mit dem er auch befreundet war. Drenkhahns „Strandläufer“, „Leitermänner“ und zuletzt die „Ofensteine“, scheinen mir in der Haltung und der Beschränkung auf wenige Sujets Klaus Kröger nahe zu stehen.
Drei Maler für die das Ende des 2. Weltkrieges eine tiefe Zäsur bedeutete.
Allen Dreien ist eine Schonungslosigkeit eigen, die auch die individuelle Person nicht aussparte.
Fritz Flintes Selbstportraits zeugen davon.
Reinhard Drenkhahn hat diese Schonungslosigkeit schließlich gegen seine Person gewandt, er nahm sich 1959 33 jährig das Leben.
Klaus Kröger lebt - malt- und hat diese Haltung malerisch bis heute weiterentwickelt,
und ihr eine asketische Aggressivität verliehen, die seine Malerei in der aktuellen Kunstszene einzigartig dastehen lässt.

Parallel zu der laufenden Ausstellung „Große Formate“ im Künstlerhaus Sootbörn, in dem er auch sein Atelier hat und die noch bis zum 10.April die größeren Werke Klaus Krögers zeigen, sind hier nun 39 Arbeiten kleineren Formats zu betrachten. Beide Ausstellungen zusammen geben einen faszinierenden Einblick in die Bandbreite dieses Künstlers.
Aggressive Selbstbehauptung und zugleich die Zartheit dieses individuellen Verneinens, die aus allen Arbeiten widersprüchlich auftaucht.
Eine Zartheit allerdings ,und das will ich nicht vehehlen,
die der Schleimspur einer Schnecke gleicht.
Mit diesem Zitat Cézannes, der den Trieb zum Malen auf diese Weise beschrieb,
will ich es bewenden lassen. Mit Worten die Spannung der Bilder Klaus Krögers beschreiben zu wollen ist angesichts der Präsenz seiner Bilder unnötig.
Und deshalb wünsche ich Ihnen das, was mir in den letzten Tagen des Hängens geschehen ist, neue Einblicke in das Werk von Klaus Kröger.
Klaus ich danke Dir für den freizügigen Blick, den Du mir in Deine Arbeit gewährt hast. Und ich wünsche mir Deiner Schleimspur noch oft begegnen zu dürfen.

Danke.


 

 

erschienen am 30. März 2005 im Hamburger Abendblatt

 

Über Klaus Kröger

Für die Hamburger Malerin Susann Stuckert, die den Kunstladen101 Ende September 2004 eröffnet hat, gehört Klaus Kröger zu den drei wichtigsten Malern Hamburgs im 20.Jahrhundert: Fritz Flinte (1876-1963), dem Hubert Fichte ein Portrait widmete; Reinhard Drenkhahn (1926-1959) und eben Klaus Kröger. Drei Künstler, für die das Ende des 2.Weltkrieges eine Zäsur war, die sie zu einer Schonungslosigkeit in ihrer Malerei führte, die auch den heutigen Betrachter betroffen macht.
46 Jahre nach dem frühen Tod Reinhard Drenkhahns, durch die veränderten Zeitläufte hindurch, gibt Klaus Kröger dieser Haltung weiterhin kraftvoll Ausdruck. Er hat sie weiter entwickelt und ihr eine Aggressivität verliehen, die seine Malerei in der aktuellen Kunstszene einzigartig macht.
Aus Freundschaft hat Klaus Kröger dem Wunsch der Hamburger Malerin zugestimmt, seine Arbeiten im Kunstladen101 auszustellen.